Texte Presse

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Die bevorzugten Themen der Malerin EVELYN KUWERTZ sind die Stadt und das MENSCHENBILD. Stadtlandschaften werden zum exemplarischen Sujet, das  zu Metaphern von Zeit und Vergänglichkeit verdichtet. Ihre Bilder umkreisen die menschliche Existenz im urbanen Umfeld. Stilistisch ist ihre Arbeit der freien Figuration zuzuordnen, beeinflusst vom Realismus und der Neuen Sachlichkeit.

Berliner Stadtlandschaften

Berlin 1979-1989

…In der Nachkriegszeit wuchs Evelyn Kuwertz in Berlin auf, erlebte die Trümmer, Wiederaufbau und Mauerzeit. Vielleicht unbewusst, ging es ihr seither um die Zeichenhaftigkeit, den Symbolwert konkreter Orte. Mit politisch und sozial wachem Blick beobachtet sie ihre Stadt…
Ingeborg Ruthe, Kunstkritikerin, Berliner Zeitung

1979 wird die Stadt WEST-BERLIN  zu einem kontinuierlichen Thema: sie entdeckte die U-und S-Bahn als typische Großstadtmotive. Dort drückte sich das Lebensgefühl der Berliner und die besondere politische Situation der Stadt aus. Mit den Umsteigebahnhöfen stellte sie urbanes Leben der 80er Jahre dar. Anonyme Menschengruppen werden während der U-Bahnfahrten oder auf Rolltreppen teilweise auch porträthaft nahe gezeigt.
Die großformatigen Aquarelle über den U-Bahnhof Hallesches Tor geben die Flüchtigkeit der Eindrücke wieder: Die vorbei hastenden Menschen auf den Treppenübergängen, die Durchblicke auf die Stadtsilhouette und auf den darunter fliessenden Kanal. Die Eisenkonstruktion strukturiert das einfallende Licht in den offenen Bahnhof. Malerische Tonwerte, die Raum, Atmosphäre und Bewegung visualisieren.

Anders war es in den S-Bahnhöfen Schöneberg  und Friedrichstraße. Dort werden die Menschen immer mehr zu unpersönlichen Schemen, bis sie aus dem Fokus fast verschwinden. Die Teilung der Stadt war an diesen Orten besonders spürbar. Die intensive Ausstrahlung der Bilder entfaltet ungeniert seine Wirkung. Sie machen schnell bewußt, wie bedeutungsvoll Bahnhöfe sind, die -prima vista- nur Verkehrszwecken dienlichen Lokalitäten enthalten viel Hintergründiges  …“Der „S-Bahnhof Friedrichstraße“ (westlicher Teil), 198gemalt, zeigt die Ergebnisse der kritischen Erkundungen in sprödem Kolorit: die weite festverstrebte Halle, stabiles Relikt aus Zeiten flutenden Verkehrs, döst vor sich hin, müde Rentner, resignierte Rückenfiguren und der schußbereite Wachposten auf dem hohem Geländer wirken wie die Darsteller einer absurden Inszenierung – ein malerischer Treffer ins Zentrum der Zeitgeschichte…
Renate Franke, Kunstkritikerin, Tagesspiegel, Berlin

…Auch das ist Berlin: kühl und genau beobachtet, exakt komponiert, verwandt der melancholischen Szenerie Manhattens von Edward Hopper. Die Aussagekraft von Evelyn Kuwertz verzichtet ebenso wie der Amerikaner auf plakative Tendenz. Ihre Bilder sprechen für sich – eindringlich, doch unaufdringlich in einer diskreten Sprache, die dennoch nichts verschweigt, vor allem nicht das tragische einer geteilten Stadt: z.B. Endstation Friedrichstrasse…
Berliner Morgenpost 13.11.2008

U-Bahnhof Gleisdreieck 1979 
90/140cm, Tempera, Öl / Leinwand

Bahnhof Friedrichstrasse 1981
80/120cm, Acryl / Bütten

U-Bahnhof Hallesches Tor 1985
80/120cm, Aquarell, papier

Zeichnungen

Die Zeichnung und deren verwandte Techniken wie Aquarell oder Tusche auf Papier bilden einen kontinuierlichen und eigenständigen Bestandteil im Werk, neben den Skizzen und Kompositionen, die grundlegend für die malerischen Umsetzungen sind. In Mischtechniken, auf Papier und Leinwand, werden die zeichnerischen und malerischen Techniken miteinander verbunden. 

Helgoland

In dem Sujet -HELGOLAND- ist als Stilmittel ausschließlich die Zeichnung eingesetzt. Der Besuch der Insel Helgoland veranlasste Evelyn Kuwertz zu der Konzeption der Bilder mit dem Titel  Helgoland, die sie vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse und den Eindrücken vor Ort, heraus entwickelte ( während des 2. Weltkrieges war die Insel Helgoland vollständig unterbunkert und ein strategischer Stützpunkt und wurde 1947 von den Engländern fast vollständig gesprengt). Der geschichtliche Hintergrund der Insel ist bestimmend für die „Naturbeobachtungen“. Diese Arbeit stellt einerseits einen Bruch mit den Städte Bildern dar, ist aber auch eine inhaltliche Anknüpfung an die Bunkerserie und an die Zeichnungen „Ohne Titel“.

Die Bildstruktur fügt sich aus zwei übereinander liegenden Reihen von jeweils 4 Zeichnungen zusammen. Schwarze Liniengeflechte überziehen die obere Bildreihe und verbinden die vier Blätter über die Papiergrenzen hinweg zu einem grandiosen Panorama des Meeres. Reflexe und Bewegung des Wassers sind vollständig in virtuose Strichführungen aufgelöst, die mit farbigen Akzenten und ihrer dramatisch vibrierenden Wirkung gesteigert werden. Trotz des hohen Abstraktionsgrades verliert die Darstellung ihre abbildende Absicht nie. Obwohl die „Helgoland-Bilder“ technisch gesehen Zeichnungen sind, ist die Bildwirkung eher malerisch. Die Verbindung der analytischen Absichten der Zeichnung und der synthetischen Verfahrensweise der Malerei machen die Helgoland-Bilder so verwirrend und gleichzeitig so reizvoll. Die „Seestücke“ von Evelyn Kuwertz verdichten sich zu einer Allegorie der Zeit und zu einer visuellen Schulung des engagierten Betrachters – es werden „Sehstücke“.
Dr. Brigitte Hammer 1987, Berlin…

In ihren Helgoland-Sequenzen steht sich  Abbildlichkeit und Abstraktion gleichwertig gegenüber. Vor die Dramatik des Naturgeschehens schiebt sich die Distanz der Schwarz-Weißwerte, vermitteln eine Art von unterkühlter Emphase…
Susanne Heyden, Kunstkritikerin, Volksblatt, Berlin

Ohne Titel 1985
80/120cm, Kohlezeichnung / Bütten

Seestück 1984
80/120cm, Kohle / Bütten

Slowmotion 1986
100/200cm, Aquarell / papier

Slowmotion

Parallel zu den Meerdarstellungen (Helgoland) arbeitet E. Kuwertz an Zeichnungen, die die Figur in Bewegung darstellen. Eine gegenseitige Beeinflussung besteht in in der Auflösung der Motive in Bewegungsstrukturen. Aus der intensiven Zusammenarbeit mit der Tänzerin LOTTE GROHE, deren improvisierten, verlangsamten, Bewegungen (Slowmotions) von E.Kuwertz spontan in lebensgrossen Zeichnungen, Aquarellen umgesetzt werden, entsteht die Werkgruppe Slowmotion. Der Gegenstand wird nicht von seinem Umriss her erfasst, sondern von Innen heraus. Die Linien und Schraffuren werden frei über die Gestalt hinaus in den umgebenden Raum geführt, sie umgreifen, konzentrieren und begrenzen schließlich den Körper. Die Zeichnungen sind aus der Nähe betrachtet bewegliche Gebilde, von der Ferne aus gesehen lassen sie den Gegenstand real erscheinen.

…der unwillkürliche Ausdruck, die innere Spannung, die sich in den Bewegungen des Körpers zeigt, das ist zentrales Thema der Berliner Künstlerin. Wir werden mit dem freien Tanz konfrontiert. Die Hingabe der Tänzerin, die Lösung vom Boden, das Verdrängen der Schwere des Körpers, dieses wird von Evelyn Kuwertz zeichnerisch zu einem linear verknüpften Schleier  verbunden. Durch die Verdichtung und Stärke der Strichfolgen wird das Bewegungsmotiv gesteigert, nach außen hin verläuft der Linienfluß, wird offen stehen gelassen. In der Bewegung wird die Begrenztheit des Körpers aufgelöst, der Schwerkraft folgend wird die Verbindung zum Raum hergestellt.Von der Äusserlichkeit befreit ist es ihr möglich, den Menschen in seinem Körperausdruck zu begreifen, indem sie seine naturhafte und seine gestaltende Seite entdeckt.
Kunstmarkt 11/91

Berlin im Wandel 1989-1999 

Großbaustelle Potsdamer Platz – mit den Augen einer Künstlerin gesehen

Das dynamische Werden der neuen Stadtmitte ist jetzt nicht länger allein durch Fotografien oder die eigene Anschauung dokumentiert. Dank der in Österreich geborenen Berliner Künstlerin Evelyn Kuwertz sehen wir den unaufgeräumten städtebaulichen Hoffnungsträger Potsdamer  Platz mit ganz anderen Augen…“ Unterstes wird nach oben, Inneres nach außen gewendet, nur die Gegenwart existiert. Es stellt sich die Frage nach dem Wesen der Veränderung und des Vergessens“, schreibt die Künstlerin zu ihren eigenen Emotionen bei der Entstehung des Bildes. Und die Gegenwart ist schon wieder weit von diesem Moment entfernt, die Seen sind verschwunden, die Hochhäuser aus den Gruben gewachsen, die ersten Büros bezogen.
RAST, Berliner Morgenpost 02/01/1998

1989 dokumentiert sie die Öffnung der Mauer, 9.November 1989, am Potsdamer Platz und die räumlichen Umbauprozesse der historischen Stadtmitte Berlin. Sie fasst die Großbaustelle des Potsdamer Platzes zu einem Panoramabild zusammen (1992-1995), sie  beobachtet das Versetzen ganzer Fassadenstücke das Esplanade, die Rekonstruktion des Reichstages und das Hotel Adlon und Berlin Mitte. 

Nach der politischen Wende habe ich meinen Fokus auf den Veränderungsprozess um das alte/neue Zentrum gerichtet. Die Maueröffnung 9. November, am Potsdamer Platz, die nun begehbare und leere Fläche ermöglichte bisher unbekannte Perspektiven auf die angrenzenden Gebäude. Bald wurde der Platz zu einer Großbaustelle die ihre Form permanent  verwandelte, der gelbe Sand brach auf, ein See bildete sich, Baukräne und Gerüste belebten den Platz. Ebenso der Pariser Platz, Fassaden wurden aufgestellt und eingerissen, Baugerüste durch die der weite Himmel fiel, die Rekonstruktionen des Hotels Adlon und in Berlin Mitte. Obwohl die Begegnungen der Menschen aus Ost und West in der öffentlichen Wahrnehmung im Vordergrund standen, sind sie in diesen Bildern abwesend. Die Ereignisse spiegeln sich vielmehr in dem wandelnden Stadtbild wieder. Die Orte wurden beredt, das noch sichtbare alte Zentrum des Ostens wurde durchsetzt mit bunten Signalen, eine neue Mitte kündigte sich an. Aktivität durchbrach die Melancholie.

Evelyn Kuwertz entschied sich für harte Bildschnitte, eine Art Montage. Sie erfasst Strukturen, legt das Sinnliche und Geistige in ihrer malerischen Bildoptik übereinander, so entsteht eine malerische Topografie der Stadt – Momentanes wird haltbar. Sie konzentriert die Realität in ihren Bildern, sie nimmt sie auf und übersetzt sie durch Verdichtung in eine neue Wirklichkeit, in die des Sinnbildes. Herb, verhalten und mit sensiblem Ernst, spürt Evelyn Kuwertz die Wechselwirkung von Architektur, Mensch und Gesellschaft auf. Sie arbeitet gegen die Zeit und das Vergessen indem sie die im Wandel befindliche Stadt malt, bevor diese ihre „Wunden“ schließen kann. Evelyn Kuwertz‘ Bilder zeigen Berlins Übergangszeit. Was vorgeht ist gewaltig, Bilder werden zu Zeitzeugen – ohne Sentimentalität. Aber mit Fragezeichen. Ihre Malerei ist für mich eine Mischung aus Staunen, auch Ungewissheit – damit künstlerischem Zweifel…
Ingeborg Ruthe, Kunstkritikerin, Berliner Zeitung

Rekonstruktion Reichstag 1994
110/100cm, Acryl / Bütten

Rekonstruktion Hotel Adlon 1995
90/90cm, Acryl, Öl / Leinwand

Museumsinsel 1997
130/130cm, tempera, papier / marouflage

Museumsinsel, Neues Museum 

Bild -Motive sind die Aussenansichten und Innenansichten, der aus verschiedenen städtebaulichen Epochen stammenden Bauwerke, die die historische Museumsinsel bilden.

Ende der 90er Jahre begann ich die entkernten Innenräume des Neuen Museums zu skizzieren. Eine Serie von Bildern zeigt die Strukturen und das freigelegte Ziegelwerk des Gebäudes, verstellt mit roten Gerüsten und durch das verglaste Dach fiel das Licht die Stockwerke hindurch. Ein Moment der Ruhe lag in den staubigen Hallen, der vergangene Schönheit erahnen ließ.

Potsdam

Potsdamer Sichten einer Berlinerin: Evelyn Kuwertz im „Herbstsalon“                    

Zu den technisch interessantesten Werken zählen die von Evelyn Kuwertz, Berlin…

…Architektur, gerade hier in Potsdam, bedeutet nicht nur Schlösser und Gärten, sondern viele Baustile und im Bau befindliches. Vergangenheit und Gegenwart prallen aufeinander, gehen aber eine Symbiose ein. Von diesen Übergängen und Brüchen, von den Kontrasten leben Kuwertz‘ Bilder. 

Die Künstlerin kommt vom kritischen Realismus. Bei diesen Arbeiten geht es jedoch nicht um exakt strenge Linienführung. Vielmehr wird durch eine zur Abstraktion hingewandte Gegenständlichkeit mit eher fließenden Linien Gegensätzliches nahegebracht. Ihre überraschenden Kompositionen in impressiver Farbgebung – sie nennt sie „Potsdam I-III“ – sind zum Mitdenken angelegte Interpretationen und interessante Interaktionen, bei denen der Betrachter durch Vorstellungsverknüpfung und Wiedererkennungseffekt zum Mitgestalter der Bilder wird.
B.W., Presseausschnitt Potsdamer Stadtkurier, 1998

www.evelyn-kuwertz.berlin

Europäische Städte

Evelyn Kuwertz  beginnt eine Serie über die Stadt Toulouse. Sie wird nicht vom Standpunkt eines Chronisten gesehen, noch ist die Absicht erkennbar, eine Realität abzubilden. Die subjektiven, ersten Eindrücke bestimmen die Bildidee. Wirklichkeit und Vorstellung  greifen ineinander. Weitere Städtebilder sind: Paris, Barcelona, Palmade Mallorca und Rom.

Toulouse

In Toulouse ist man von einer über 2000 Jahren zurück reichenden Geschichte umgeben. Meine Entdeckung der Stadt war rein visuell. Angezogen von der fremden und mir eigenartig erscheinenden Architektur und Farbigkeit der Stadt, ging ich mit dem Blick eines Flaneurs vor. Absichtslos öffnete ich mich den Eindrücken und überließ mich der Führung des Lichtes, das den Gegenständen Form, Struktur und Farbe verlieh. Diese Gegenwart in seinen Formen und Strukturen zu erfassen war meine künstlerische Absicht.

Eine Straße – die Rue du Taur – beeindruckte mich besonders. Eine schmale, hohe Backsteinfassade mit einem Glockengiebel zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Es war der Eingang zur Eglise du Taur. Nach innen öffnet er sich zu einem weiten dunklen Raum. Die schmale Fassade der Eglise du Notre Dame, die im Abendlicht in einem kräftigen Rot aufleuchtet, blieb mir im Gedächtnis. Ich beschäftigte mich mit der Geschichte der Stadt und stieß dabei auf das Tolosanerkreuz, ein goldenes gleichschenkliges Kreuz auf rotem Feld. Von den geometrischen Strukturen der Heraldik ausgehend, wählte ich eine quadratische Form für die Visualisierung. Die erste Bild-Komposition bestand darin, die Fassade der Eglise du Taur in die Mitte der quadratischen Leinwand zu setzen und zu beiden Seiten Straßenzüge in perspektivischer Verkürzung darzustellen. In einer späteren Phase isolierte ich die senkrechten Segmente des Quadrates. Die sich daraus ergebenden schmalen Formate, bilden Ausschnitte, die den Bildraum dynamisieren. Die Magie der Orte wird verdeutlicht durch das starke Licht, das seine Bahn durch die engen Straßen und Gebäude zieht und auf dem Boden aufblitzt, während sich in den dunklen Schatten die Konturen der Stadt vermischen.  Für einen Moment offenbart sich die fremde Stadt, um sich dann wieder in ihrem Geheimnis zu verschließen.

Paris und Rom

In dem Aquarell und dem Ölbild mit dem Titel ROM werden in Form einer Montage die Gebäude der Stadt und ein Zitat der Kunst miteinander verbunden, einerseits wird die Stadt dargestellt und zugleich auch ihre kulturelle Tradition – denke ich an Rom, haben ich auch die Gemälde und Skulpturen der Stadt vor Augen. In den Bildern werden die verschiedenen Bildelemente gebündelt, das helle Licht in einem grossen Viereck, die wuchtigen Gebäude im Schattenriss und in perspektivischer Verkürzung. Im Vordergrund des Bildes wird der sich im Fall befindlichen St. Paul dargestellt, die Gestalt, aus dem Bild „Die Bekehrung Pauli“ von Caravaggio (Collezione Odescalchi Balbi Rom) entnommen. Ein melancholischer Grundton der Vergänglichkeit vermitteln diese in der Grisailletechnik gehaltenen Romkompositionen.

Mouvement

Kuwertz experimentiert mit Mischtechniken, bestehend aus Zeichnung, Malerei und Montage, in verschiedenen Formaten auf Papier und Leinwand, die Mouvements.  Die Personen sind konkret, persönlich gezeichnet und die Andeutung von Kleidung erzeugt einen gegenwärtigen Aspekt. Zu den ineinander greifenden Bewegungen kommen überlagernd gemalte Hintergründe, Räume und Fragmente von stadträumlichen Formen, Komposition und Struktur bleiben transparent. Der artifizielle Bewegungskanon korrespondiert mit dem Raum und dem Licht. Sie bilden eine Synthese von skulpturaler Eindringlichkeit.  

Ausgehend von einer Bewegungssequenz, der Tanzgruppe Rubato -Tänzer und Choreografen Jutta Held und Dieter Baumann-, die während der Proben ich in den 90er Jahren skizziert wurden. In laufender Bewegung zieht sich das Paar abwechselnd in verschiedene Richtungen. Diese Szene wird in einen räumlichen Zusammenhang gestellt. Der Raum wird durch  geometrische Farbflächen beschrieben  Licht und Schatten andeutend. Vor dem kulissenhaft wirkenden Hintergrund vollziehen sich die Bewegungen der Figuren wie auf einem Laufband. Die Interaktionen der Figuren wechselt von aktiv zu passiv. Unterstützt wird die Wirkung durch die komplementären Farbflächen, mit denen die Körper kontrastieren oder sich in der Energie der Farbe auflösen.

Répétition

– Sacre du Printemps- Ballet de l’Opéra Toulouse

2004 wendet sich die Malerin wieder der Figur zu. Evelyn Kuwertz ist während  der Proben zu den Tanzstücken „Sacre du Printemps“ des Ballet de l‘Opéra Toulouse, anwesend. 2006 erarbeitet sie dazu eine Serie von Siebdrucken.

Evelyn Kuwertz arbeitet mit Tänzern. Aber nicht die Tänzer und das Tanzen sind das Thema, sondern das Element der Bewegung. Der gestische Vorgang bleibt ablesbar, man sieht in den fertigen Arbeiten schon mal ein Gesicht, mal eine Hand. Man erkennt in den Rundungen Körperlinien. Aber nicht Personen sind abgebildet oder gar festgefroren in modellhaften Posen oder fixiert im Augenblick der Abläufe; vielmehr sind es die ständigen Veränderungen. Die Phasen der Bewegungsabläufe notiert sie in ineinander greifenden Strich-Pinsel-Schwüngen, die die Bilder beim Betrachten beweglich werden lassen. Die Bewegung wird durch die unmittelbare Notierung authentisch und zugleich zum grafischen, malerischen Element, die Spur eines inneren Impulses auf dem Papier.                                                                                                                                
Christian Schmidt, Maler und Autor, Toulouse

Répétition pris sur le vif

2008 verfolgt sie das Tanzstück „Caravaggio“, Staats Ballett, Berlin. Während der Proben des Ballettes entstehen zahlreiche Aquarelle, die die Bewegungselemente des modernen Tanzes direkt in zeichenhafte Formen übersetzen. Durch das schnelle, intuitive nachvollziehen  der Tanzbewegungen mit dem Pinsel und Buntstiften wirken die Darstellung abstrakt. Die in den Aquarellen zusammengefassten Bewegungslinien der Körper geben den Ausdruck und die Dynamik der Performances wieder.

Holzschnitte

In der ländlichen Gegend in Süd-West Frankreich entdeckte ich in einer baufälligen Scheune alte Eichenbretter. Es waren aus dem Stamm geschnittene Bretter, in ihrem Wuchs und Form sah ich Parallelen zu den Linienstrukturen meiner früheren Zeichnungen: den Slowmotions. Dieser Fund inspirierte mich an die „pris sur le vif“ wieder anzuknüpfen und sie in den Holzschnitt zu übertragen. Diese für mich neue Technik war eine Herausforderung, denn der Druckabzug von den langen Brettern war nur von Hand möglich. Ich experimentierte mit verschiedenen Farbkombinationen auf Japanpapier und Transparentpapier. Wegen der unebenen Oberfläche der gefaserten Hölzer werden die Druckfarben unterschiedlich aufgenommen. Was den Drucken auch einen besonderen Reiz und Lebendigkeit verleiht. Jeder Abzug ist ein Unikat.

Naturbeobachtungen

Das Thema Landschaft erregte mein Interesse durch die Beobachtungen der täglichen wechselnden Licht-Stimmungen am Morgen, innerhalb von Stunden, diese Momente,  begann ich spontan in kleinen Öl-Skizzen festzuhalten. Diese Serie von Bildern zeigen das beeindruckende Spektakel, das sich jeden Morgen vor dem Fenster abspielt. Die Nacht zieht sich langsam zurück, während der Tag am Horizont erscheint und mit seinem Licht die Bergkette der Pyrenäen beleuchtet. Das Licht rythmisiert die Landschaft, die aus der Dunkelheit heraus Konturen bekommt. Jeder Tag eine andere Farbkomposition. Eine Folge von täglichen Beobachtungen, vom 1.Januar bis zum 9.Februar 1999 ergeben die erste Bildkomposition.

Méditation Matinale 

Ich setzte das Thema fort, zum Beispiel in Bildern, die ich zwischen den Feiertagen des Jahreswechsels realisierte. Winter 20/21 widmete ich diesen Naturbeobachtungen mehr Aufmerksamkeit. Diese sich permanent verändernde Bildfolge, die sich niemals gleicht, weder in den wechselnden Nuancen der Farben oder der Kontraste, wollte ich in struktureller Hinsicht begreifen. 

Porträt

Bereits während des Studiums interessierte sich Evelyn Kuwertz für die Darstellung des Menschen und das Porträt. 1979 wird die Stadt WEST-BERLIN zu einem kontinuierlichen Thema, mit der Entdeckung der U- und S- Bahn als typische Großstadtmotive, als Ausdruck des Lebensgefühl und der besonderen politische Situation der Stadt. Werden die Menschen, in Gruppen oder Einzeln unterwegs, in den Bahnhöfen, auf Rolltreppen oder während der Bahnfahrten, schemenhaft und porträthaft nahe dargestellt. Das Spannungsfeld zwischen Individuum und urbanen Umfeld zieht sich als bleibendes Motiv durch das Werk und findet den konkretesten Ausdruck im Porträt. 2011 wendet sich Evelyn Kuwertz dem Porträt zu: Es sind Gesichter der alltäglichen Begegnungen im öffentlichen Raum, der nahen Umgebung, entnommen den aktuellen Ereignissen und Nachrichten; definiert durch eine räumliche Beziehung oder konzentriert nur auf das Gesicht: Selbstbild, Porträt Urban, Adoleszenz und andere.

Selbstporträt

Das Selbsporträt als eine Form der Selbstbefragung bildet den künstlerischen Anfang. Vertiefen wollte ich meine Neigung zur figurativen – gegenständlichen Kunst, deshalb konzentrierte ich mich auf ein altes Thema, das Selbstporträt, dass ich in den 70er und 80er Jahren in unterschiedlichen Zusammenhängen variiert habe. 2014 wird das Selbstporträt wieder aufgegriffen. In den neuen Arbeiten wird die Modulation des Gesichtes durch das einfallende Licht malerisch umgesetzt.